Julian Tuwim – Die Lok
Die grosse Lok ist heiss
ihr Öl tropft auf das Gleis,
und Öl ist, wie man weiss,
Lokomotivenschweiss.
Der Heizer, der füllt ihr mit Kohle den Bauch,
drum keucht sie und jammert und stöhnt unterm
Rauch: „UCH ist das heiss!
HUK soviel Schweiss!
PUH welche Glut!
DAS tut nicht gut!”
Kaum kann sie schnaufen, kaum sich noch mucken:
Immer mehr Kohlen muss sie verschlucken.
Und so viel Wagen stehn auf den Gleisen,
grosse und schwere, aus Stahl und aus Eisen.
Die soll sie schleppen. Je, welche Mühe!
Im einen sind Pferde, im andern sind Kühe.
Im dritten sind Männer, sehr dick und sehr rund,
die futtern dort Würste, fast viereinhalb Pfund.
Im vierten Waggon stehn sechs grosse Klaviere.
Im fünften sind wilde und seltene Tiere:
Ein Bär, zwei Giraffen und ein Elefant,
im sechsten, da werden Bananen versandt.
Im siebten sind eichene Tische und Schränke,
im achten gar eine Kanone – man denke!
Im neunten sind Schweine, die fett sind vom Mästen,
im zehnten nur Koffer und Kisten und Kästen.
Und dabei gibt´s vierzig solch riesiger Wagen,
was da alles drin ist, das kann ich nicht sagen!
Und kämen selbst tausend der stärksten Athleten,
und schmausten sie jeder wohl tausend Pasteten,
und würden sie noch so viel Mühe sich geben:
Sie könnten die Lok mit den Wagen nicht heben!
Plötzlich – tschuff, //
plötzlich – puff, //
da staunt jeder: //
Roll´n die Räder! //
Erst ging es langsam, schildkrötenlangsam,
bis die Maschine allmählich in Gang kam.
Mühselig zieht sie mit Schnaufen und Grollen,
aber die Räder, die Räder, sie rollen.
Und nun geht es fort mit Getös und Gebraus
und rattert und tattert und schnattert und knattert.
Wohin denn? Wohin denn? Wohin denn? Gradaus!
Auf Schienen, auf Schienen, auf Brücken, durch Felder,
durch Berge, durch Tunnel durch Wiesen, durch Wälder.
Die Räder, sie plappern ihr Sprüchlein (ihr wisst es):
„So ist es, so ist es, so ist es, so ist es!”
Sie rollen, sie tollen durch Hügel und Tal,
als wär die Maschine kein Dampfross aus Stahl,
als wär sie, als wär sie – potz Schwefel und Pech –
was Kleines, was Feines, ein Spielzeug aus Blech.
Warum nur, wieso nur, weshalb nur so flink?
Wer treibt denn, wer treibt denn, wer treibt denn das Ding?
Wer macht dies Gestöhn und Geschnauf und Gestampf?
Der Dampf, liebe Leute, der zischende Dampf!
Der Dampf aus dem Kessel, (das weiss ja ein jeder)
der Dampf treibt die Kolben, die Kolben die Räder,
die Räder, sie treiben die schwere massive,
die keuchende eiserne Lokomotive.
Und immer plappern die Räder (ihr wisst es):
„So ist es, so ist es, so ist es, so ist es!”